20. Juni 20225 Min.

Wundheilungsstörungen

Aktualisiert: 21. Okt. 2023

Wie heilt eine Wunde optimal und wann liegt eine Störung der Wundheilung vor?

Wie pflege ich meine Narben, die häufig Problemstellen nach einer Operation sind?

Die Wundheilung ist ein natürlicher biologischer Prozess und beginnt bereits Minuten nach der Verwundung. Das Ziel der Heilung ist eine völlige funktionelle sowie kosmetische Wiederherstellung, die nur selten in vollem Umfang zu erreichen ist. Oft bleibt eine sichtbare Narbe zurück (Defektheilung).

Ein Arzt sollte durch Optimierung der Bedingungen Beschwerden (Wundschmerz) lindern, einer Komplikation oder Infektion vorbeugen und das kosmetische Resultat so optimal wie möglich gestalten.

Beginnen wir bei der OP: Unmittelbar nach der Operation und in der darauffolgenden Zeit, sollten die Narben geschont und so gut wie möglich vor äußeren Reizen geschützt werden.

  • Der Gang ins Solarium und lange Sonnenbäder sind in der ersten Zeit nach der Behandlung tabu.

  • Zusätzlich sollte der Kreislauf nicht zu sehr aktiviert werden, so dass in der ersten Zeit auf Sport verzichtet werden sollte.

  • Um die Wundheilung zu fördern, sollte nach der Operation auch auf Nikotin und Alkohol verzichtet werden.

  • Nachdem der Verband abgenommen wurde, sollten die Betroffenen darauf achten, nicht zu enge und/oder reibende Kleidung zu tragen.

Was, wenn sich Störungen bei der Heilung zeigen?

Wenn die Narbe/Wunde ungewöhnlich stark juckt, Rötungen, starke Schmerzen, Fieber oder Schüttelfrost auftreten, kann es sein, dass die Wundheilung gestört ist und die Narbe nicht richtig abheilen kann. In diesen Fällen sollte unbedingt ein Arzt aufgesucht werden, um die Ursache abzuklären und aus dem Weg zu räumen. In den meisten Fällen lassen sich die Beschwerden leicht beheben.

Im Nachfolgenden gehen wir zum Thema Wundheilung ins Detail. Wichtig ist: Wenn Sie das Gefühl haben, dass Ihre Wunde nicht richtig verheilt, dann kontaktieren Sie Ihren Arzt bitte frühzeitig! Eine richtige Wundversorgung - insbesondere bei Heilungsstörungen - ist extrem wichtig.

Wundheilungsphasen:

Es werden – nicht einheitlich und unwidersprochen – drei bis fünf Phasen der Wundheilung unterschieden, die zeitlich überlappend nacheinander auftreten. Ausgangspunkt jeder Wundheilung ist eine Störung des Blutflusses durch Kapillarverletzungen. Die initiale Blutung leitet eine Blutgerinnung ein, das zerstörte Blutgefäß wird durch ein Gerinnsel (Blutpfropf) verschlossen.

Die Wundheilung beginnt mit der Latenzphase oder Ruhephase

Exsudationsphase, Reinigungs-, Inflammations- oder Entzündungsphase:

Bei der Gerinnselbildung wird ein Fibrinnetz gebildet, welches ein Verkleben aneinanderliegender Wundränder ermöglicht. Klares Wundsekret, welches aus Serum besteht, ist mit Entzündungszellen durchsetzt. Unter sauberen Verhältnissen sollte diese Phase nicht länger als ein bis drei Tage dauern. Überschießendes Wundsekret (Exsudat, „austretende Flüssigkeit“) kann bei sekundär heilenden Wunden Fremdkörper und Keime aus der Wunde „herausschwemmen“. Im Verlauf dieser Phase nimmt die Mitose (Zellteilung) im Wundgebiet zu.

Proliferationsphase, Granulationsphase:

Durch Bildung von neuem Bindegewebe wird der Wunddefekt zunehmend aufgefüllt, es entsteht das sichtbar grob gekörnte Füllbindegewebe (Granulationsgewebe). Bei sehr kleinen Wunden kann diese Phase schon nach wenigen Stunden beginnen. Im Allgemeinen dauert sie vom vierten bis zum zwölften Tag. Ungefähr zwischen dem sechsten und zehnten Tag beginnt die Ausreifung der kollagenen Fasern. Das Granulationsgewebe kann sich nur zeitgemäß entwickeln, wenn keine allgemeine oder örtliche Mangelernährung (keine Mangeldurchblutung) und keine unkorrigierten Stoffwechselerkrankungen das Wachstum behindern.

In der Regenerationsphase:

wird die Wunde an der Oberfläche durch Epithelisation geschlossen. Der Durchmesser einer gut granulierenden Wunde schließt sich zu einem Drittel ausschließlich durch Schrumpfung, zu zwei Dritteln durch Neubildung vom Wundrand zur Wundmitte. Das darunter gelegene Granulationsgewebe bildet zunehmend Kollagenfasern aus, womit die Wiederherstellung aller Hautschichten nahezu abgeschlossen ist. Die Regenerationsphase erfolgt in etwa ab dem dreizehnten Tag bis zu mehreren Wochen.

Zusätzlich hört man manchmal die Bezeichnung, Maturation („Reifung“), als weitere funktionelle Anpassung des Narbengewebes an die verschiedenen örtlichen Anforderungen. Der Wassergehalt des Gewebes nimmt ab. Die anfänglich gering über das Hautniveau überstehende Narbe schrumpft unter Hautniveau. Auch nimmt der Gefäßreichtum des Narbengewebes ab. Die ursprünglich frisch rote Narbe wird weiß. Dieser Prozess dauert ein bis zwei Jahre.

Bei psychischer Schädigung wird umgangssprachlich im weiteren Sinn von einer psychischen Wunde, einem seelischen Trauma oder einer psychischen Narbe gesprochen (siehe Trauma (Psychologie).

Wundarten:

  • Primär heilende Wunden kommen nur bei sauberen Wunden vor, deren Ränder nicht klaffen. Eine Narbe ist strichförmig oder kaum sichtbar.

  • Sekundär heilende Wunden sind solche, bei denen ein Gewebsdefekt vorliegt, den der Organismus durch neu zu bildendes Bindegewebe (Narbe) und Überhäutung schließen muss, oder solche mit einer massiven Verkeimung, welche die primäre Heilung verhindert. Nach abgeschlossener Heilung ist eine breite Narbe sichtbar.

  • Die regenerative Art der Wundheilung, die Epitheliale Wundheilung, stellt einen Sonderfall dar. Sie findet manchmal unter Schorf und nur bei sehr oberflächlichen Wunden statt, bei denen nur die Epidermis durch eine Verletzung geschädigt wurde, und nicht wie bei primär oder sekundär abheilenden Wunden, bei denen tiefere Gewebeschichten betroffen sind. Da nur die oberste Hautschicht verletzt wurde, bildet sich keine Narbe.

Wundheilungsstörung:

Eine Wundheilungsstörung liegt vor, wenn der physiologische Ablauf einer Wundheilung verhindert wird. Dies führt entweder zum spontanen Aufbrechen der Wunde oder macht eine chirurgische Wundrevision erforderlich. Nicht nur septische (infektiöse) Wundheilungsstörungen sind problematisch. Auch Wunden bei Hämophilie (Bluterkrankheit) neigen zu gefährlichen Blutungen und erschwerter Wundheilung infolge Gerinnungsstörung durch fehlende oder insuffiziente Gerinnungsfaktoren im Blut.

Man kann Störungen der Wundheilung nach Zeit und Ursache tabellarisch einteilen.

Wundheilungsstörungen:

akute/aseptische

  • Hämatom

  • Serom

  • Wundrandnekrosen

  • Wunddehiszenz

  • Wundruptur

chronisch/aseptisch

  • Keloid

  • atrophes Ulkus

  • hypertrophe Narbe

akut/septisch (Infektion)

  • pyogene W.

  • putride W.

  • anaerobe W.

  • toxische W.

  • viral-toxische W.

chronisch/septisch

  • Fistel

  • infiziertes Ulkus

Aseptische Wundheilungsstörungen

Diese Heilungsstörungen der Wunde werden nicht durch Keime verursacht.

Die bekanntesten sind:

  • Das Wundhämatom und -serom.

Wundhämatom ist eine Ansammlung von Blut und Blutkoagel im Wundspalt, der hierdurch schmerzhaft auseinander-getrieben wird. Der Schmerz ist proportional zur Drucksteigerung im Gewebe. Kleine Mengen Blut werden vom Körper unter Bildung von farbigen Abbauprodukten des Hämoglobins, blaurot, dann violett, noch später grün. Größere Koagel hingegen verflüssigen und sedimentieren. Der fast farblose Überstand wird als Serom bezeichnet. Verflüssigte Hämatome und Serome kann man bei Schmerz und exzessiver Größe mit einer Kanüle keimfrei punktieren.

  • Die Wundrandnekrose

Hierbei ist der Wundrand nicht mehr durchblutet, sondern ist abgestorben. Er sieht statt rosig, gelb aus.

  • Die Wunddehiszenz oder der Nahtwich

So wird das Auseinanderweichen der Wundränder bezeichnet. Zumeist wird diese Komplikation erst sichtbar, wenn zum allgemein üblichen Termin das Nahtmaterial entfernt wird. Bei zu großer Spannung ist es möglich, dass die Fäden am Wundrand vorzeitig ausreißen, also durchschneiden und deshalb die Wunde klafft. Wenn innere Wunden nicht heilen, also klaffen, wird von einer Nahtinsuffizienz gesprochen.

Septische Wundheilungsstörungen:

Diese Gruppe wird nach den Erregergruppen eingeteilt:

  • pyogene

Sie werden von den klassischen Eitererregern, wie Streptokokken oder Staphylokokken verursacht. Zu nennen sind in erster Linie Wundabszesse, deren Eiter sich von der Wunde ausbreitet.

  • putride

Bei solchen Wundinfektionen spielen Fäulniserreger eine wichtige Rolle. Der hierbei auftretende, typische Eitergeruch fällt sogar dem Laien auf.

  • anaerob-unspezifische

Dominant sind hier anaerobe Keime in einer Mischflora. Begünstigt treten solche Infektionen bei Durchblutungsstörungen auf.

  • anaerob-toxische

Hier ragen zwei Krankheitsbilder mit sehr spezifischen Erregern heraus:

Der Gasbrand und der Tetanus.

  • viral-toxische

Allgemein bekannt ist nur die Tollwut.

Chronische Wundheilungsstörungen:

Wunden, deren Heilung einen unüblichen, chronischen Verlauf nimmt, liegen zusätzlich andere Erkrankungen zugrunde. Eine Heilung einer solch „chronischen Wunde“ erreicht man auch bei Anwendung modernster Methoden der lokalen Wundbehandlung erst, wenn die zugrundeliegende Krankheit kuriert oder gebessert wurde.

Ursachen für verzögerte Wundheilungen können Durchblutungsstörungen (pAVK) oder Varizen sein, Rauchen, Diabetes mellitus allein, kann bei unausgeglichenem Stoffwechsel bereits die Heilung verzögern.

Über die Häufigkeit chronischer Wunden gibt es keine gesicherten Angaben. Schätzungen zufolge leiden 1–2 % der Erwachsenen unter einer chronischen Wunde. Die Wahrscheinlichkeit, eine chronische Wunde zu entwickeln, steigt mit zunehmenden Lebensalter an.

Nützliches:

Bitte lesen Sie auch diesen interessanten Link zur Behandlungsmethode mit Bacteriophagen bei antibiotikaresistenten Keimen:

https://www.phage.help/phagentherapie-bei-chronische-wunden/

Wundverbände der Firma ConvaTec: https://www.convatec.com/de-de/wundversorgung/aquacel-verbande/

© Véronique Schreiter

    3490
    6