Basiswissen zu Nahrungsergänzungsmittel.
Nahrungsergänzungsmittel haben, wie der Name bereits verrät, die Aufgabe, unsere tägliche Ernährung zu ergänzen. Sie ersetzen keinesfalls eine gesunde, ausgewogene Ernährung. Bevor wir also den Sinn von Nahrungsergänzungsmitteln verstehen können, müssen wir uns anschauen, woraus unsere Ernährung überhaupt besteht.
Durch unsere Nahrung bekommen wir:
Energie, aus Kohlenhydraten und Fetten
Baustoff für Regeneration und Wachstum, aus Protein
Ballaststoffe für die Darmgesundheit und Verdauung
Mikronährstoffe, die zwar keine Energie liefern, aber die Grundfunktionen des Körpers aufrechterhalten.
Mikronährstoffe
Dazu zählen Vitamine, Mineralstoffe/Spurenelemente, Aminosäuren und Omega-Fettsäuren. Sie sind an den Stoffwechselprozessen innerhalb der Zellen beteiligt und haben sehr vielfältige Aufgaben, u.a. Zellwachstum zur Erneuerung unserer Haut, Wachstum von Haaren und Nägeln, Stärkung der Knochen und Muskulatur, sowie des Bindegewebes, Auf- und Abbau von Blutkörperchen und Nervenzellen, Bildung wichtiger Botenstoffe, z.B. zur Steuerung von Immunreaktionen, Entzündungsprozessen, hormonellen Abläufen uvm.!
Der Körper als Ökonom
Unser Körper ist ein Überlebenskünstler und kann Makro- und Mikronährstoffmängel erst einmal recht gut ausgleichen. Essen wir beispielsweise zu wenig Proteine, so bedient sich der Körper an seinen körpereigenen Quellen. Vor allem Muskulatur und Bindegewebe werden „angezapft“.
Besteht ein Vitamin D-Mangel, so leidet die Knochenstruktur, was kurzfristig nicht auffallen mag, mittel- bis langfristig kann sich dadurch jedoch Osteoporose oder Osteomalazie (Knochenerweichung) manifestieren, wobei Frauen ein ohnehin schon erhöhtes Risiko für diese Erkrankungen haben. Sowohl ein Vitamin D-Mangel, als auch ein Zink-Mangel können sich in gesteigerter Infektanfälligkeit zeigen, da beide Stoffe für ein gut funktionierendes Immunsystem essentiell sind.
Ein Folsäuremangel einer Schwangeren kann zu Fehlbildungen des Ungeborenen führen, weshalb Folsäure schon vor einer geplanten Schwangerschaft eingenommen werden sollte.
Häufig zeigen sich Mängel in der Ernährung jedoch sehr subtil, z.B. durch allgemeinen Leistungsabfall, häufige Infekte, Haarausfall, „Schusseligkeit“, Vergesslichkeit, schlechten Schlaf, sodass zunächst gar kein direkter Bezug zur Ernährung gezogen wird.
Wir leben in einer Zeit, in der Essen an jeder Ecke im Überfluss zur Verfügung steht. Trotzdem laufen viele Menschen mit (Mikro)Nährstoffmängeln herum, oft ohne es zu wissen. Zu spüren, sind diese jedoch früher oder später recht deutlich.
Die häufigste Ursache für Mängel ist eine einseitige Ernährung, bei der es an frischem Gemüse, Hülsenfrüchten, Saaten, Vollkornprodukten, Obst und guten Fettquellen fehlt oder mangelt. Fertigprodukte, verarbeitete Lebensmittel, also „Convenience Food“ und tierische Lebensmittelquellen, v.a. Fleisch und Milchprodukte, werden häufig im Übermaß konsumiert. Es kommt zu einer Unterversorgung der wichtigen Mikronährstoffe, Ballaststoffe und einem Missverhältnis von Omega-3 zu Omega-6.
Beide Fettsäuren haben ihre Daseinsberechtigung in unserer Ernährung, jedoch liegt bei den meisten Menschen eine Überversorgung von Omega-6 und eine Unterversorgung von Omega-3 vor. Die Aufgaben der beiden Omega-Fettsäuren überschneiden sich zum Teil. Beide tragen zur Flexibilität der Zellwände bei, Omega-3 wirkt jedoch anti-entzündlich und Omega-6 entzündungsfördernd. Beide Funktionen sind lebenswichtig, sowohl Entzündungen als auch die Hemmung von Entzündungen. Ein Ungleichgewicht der beiden Fettsäuren zugunsten von Omega-6 birgt jedoch die Gefahr, dass Entzündungsprozesse Überhand nehmen. Die Empfehlung liegt bei 3:1 – drei Teile Omega-6 zu einem Teil Omega-3, die Realität sieht für die meisten Deutschen jedoch ganz anders aus. Im Durchschnitt liegen wir bei 20:1.
Aber nicht nur eine einseitige Ernährung kann zu Mängeln führen
Wer hat ein erhöhtes Risiko für Mikronährstoffmängel?
Frauen
Schwangere/ Stillende
Menschen mit chronischen und auch akuten Erkrankungen
Menschen mit Autoimmunerkrankungen (Rheuma, Diabetes Typ I, Zöliakie, Hashimoto,…)
Ältere Menschen (die Nährstoffaufnahmefähigkeit des Darms nimmt im Alter ab)
Menschen mit niedrigerem sozioökonomischem Status
Dauer-Diätende
SportlerInnen
VeganerInnen
Leben in Deutschland – die meisten Mensch hier haben einen Vitamin D Mangel
AlkoholikerInnen
Menschen mit Essstörungen
Wichtig zu erwähnen ist, dass jeder Mensch individuelle Makro- und Mikronährstoffbedürfnisse hat. Grundsätzlich könnten alle Makro- und Mikronährstoffe außer Vitamin D mit einer durchdachten, ausgewogenen Ernährung aufgenommen werden. Trotzdem können Nahrungsergänzungsmittel gerade für Menschen mit höherem Risiko für Mängel, bedingt durch Krankheit, Lifestyle oder Alter eine große Hilfe sein.
Die Dosen der Nahrungsergänzungsmittel sollten individuell angepasst werden.
Prüfen kann man eventuelle Mängel z.B. anhand eines Blutbildes beim Arzt, aber inzwischen auch durch Tests, die man zu Hause durchführen kann, bevor man blind supplementiert. In jeden Fall sollte die Auswertung von Tests von fundiert ausgebildeten Behandlern vorgenommen werden. Während z.B. wasserlösliche Vitamine (B-Vitamine, Vitamin C) bei Überdosierung vom Körper über Urin und Stuhl ausgeschieden werden, kann die Überdosierung von fettlöslichen Vitaminen (E, D, K & A) zu Symptomen wie Durchfall, Erbrechen, Migräne, Haarausfall und in schlimmeren Fällen zu Kalkablagerungen in den Gefäßen und Nierenschäden führen!
Übersicht der wichtigsten Nahrungsergänzungsmittel
Typ. Mangel: | Funktionen | Auswirkungen bei Mangel | Natürliche Quellen (Auszug) |
Vitamin D3 | Kalzium Absorption in die Knochen, also Stärkung der Knochenstruktur, Stärkung des Immunsystems Regulierung der Glucose Toleranz | Deutlich erhöhtes Osteoporose Risiko Rachitis, weiche Zahnsubstanz, Wachstumsstörungen, Deformitäten (v.a. beim Mangel bei Babys & Kleinkindern) | Sonnenlicht, allerdings nicht ausreichend |
Eisen | Bildung von Hämoglobin, Sauerstofftransport/-speicherung | Abgeschlagenheit, Augenringe, Blässe, Anämie, schlechte Immunabwehr | Haferflocken, Kürbiskerne, Hanfsamen, Leinsamen, Hülsenfrüchte, Fleisch (v.a. Leber) |
B12 | DNA-Synthese, Gesundheit von Blut- und Nervenzellen | Neurologische Symptome (Konzentrationsstörungen, Sensibilitätsstörungen, Lähmungen), Abgeschlagenheit | Fleisch, Fisch, Eier, Milchprodukte, Nährhefe |
B6 | Enzymatische Vorgänge des Stoffwechsels, Bildung von Botenstoffen in den Nervenzellen und Steroidhormonen (Estrogen, Testosteron, Cortisol, Aldosteron) | Entzündungen (Haut, Verdauungstrakt), Verwirrtheit, Depressionen, Schlaflosigkeit | Fleisch, Fisch, Vollkornprodukte, Kohl, grüne Bohnen, Linsen, Sojabohnen |
B9 = Folsäure | Zellteilung, Neubildung von Zellen | Schwächegefühl, rote Zunge und Mund, aufgerissene Haut um den Mund Bei Schwangeren: erhöhtes Risiko für Frühgeburtlichkeit und Neuronalrohrdefekte (Spina Bifida) | Kichererbsen, Weizenkeime, Blattspinat, Rote Beete, Ei |
Magnesium | Proteinsynthese, normale Funktion der Muskeln (auch des Herzens) und Nerven, Knochenaufbau, Blutzucker- und Blutdruckregulation | Muskelkrämpfe, Schwindel, Müdigkeit | Haferflocken, Vollkornprodukte, Nüsse, Samen, Kerne, Soja, Hülsenfrüchte, Kakao |
Zink | Zellwachstum, Stoffwechsel, Immunsystem, Fortpflanzung, Wundheilung | Schlechte Immunabwehr, schlechte Wundheilung, Nachtblindheit, Haarausfall Bei Kindern/ Jugendlichen: Wachstumsstörungen, verzögerte Geschlechtsreife | Haferflocken, Nährhefe, Nüsse, Samen, Vollkornprodukte, Hülsenfrüchte, Milchprodukte, Fleisch, Ei |
Omega-3 = Fettsäuren | Bestandteil von Zellmembranen und Nervenzellen, trägt zu normaler Herzfunktion und normalen Blutfettwerten bei, entzündungshemmend | Infektanfälligkeit, häufige Entzündungsprozesse, Haarausfall, Konzentrationsstörungen | Fettige Fischsorten (Lachs, Makrele), Leinöl, Hanföl, Avocado, Chia-Samen, Leinsamen, Walnüsse, Soja |
Vorerkrankungen
Einige Nahrungsergänzungsmittel sind bei bestimmten Erkrankungen gänzlich kontraindiziert oder nur eingeschränkt nach ärztlicher Absprache einzunehmen!
Beispiele:
Kalium bei Niereninsuffizienz
Hochdosiertes Omega-3 bei Gerinnungsstörungen
Übermäßiger Jodkonsum kann eine Schilddrüsenüberfunktion verstärken
Verbraucherschutz
Der Markt der Nahrungsergänzungsmittel ist riesig und für den Laien nicht zu überblicken. Es herrscht ein Überangebot unzähliger, oft überteuerter Produkte, die alle als „notwendig“ vermarktet werden. Im Jahr 2006 ist die Health-Claims Verordnung in Kraft getreten, durch die unzulässige Wirk- und Heilversprechen verboten wurden. (Manche erinnern sich vielleicht an die Werbung, in der ein sehr zuckerhaltiger „probiotischer Joghurtdrink“ angeblich Abwehrkräfte aktivieren sollte. Mit Inkrafttreten der Health-Claims Verordnung durfte die Werbung nicht mehr ausgestrahlt werden, da sie schlichtweg falsche Tatsachen vorgaukelte.)
Hersteller von Nahrungsergänzungsmitteln dürfen nur Wirkungen von Produkten bewerben, die evidenzbasiert, also durch Studien belegt und anerkannt sind. Diese Richtlinien werden leider vermehrt vor allem in Sozialen Medien umgangen, indem „persönliche Erfahrungen“ wie Wirkversprechen vermarktet und angepriesen werden.
Fazit
Wie bereits erwähnt, hat jeder Mensch ganz individuelle Mikro- und Makronährstoffbedürfnisse und auch -Verfügbarkeit. Je nach Lifestyle, Risiken und persönlicher Gesundheitsgeschichte sollte zuerst die Ernährung und dann ggf. die Nahrungsergänzung optimiert werden.
Da empfohlene Tagesdosen auf den Verpackungen von Nahrungsergänzungsmitteln häufig sehr unterschiedlich ausfallen, bieten sie - wenn überhaupt - nur einen groben Richtwert. Ein Blutbild/Test mit den entsprechenden Parametern ist in jedem Fall empfehlenswert, um festzustellen, ob überhaupt ein Mangel besteht und was im Falle eines Mangels ergänzt werden muss.
(Kathrin Hollmann, Ernährungsberaterin, Online-Coach, Physiotherapeutin, HP i.A.)
© Kathrin Hollmann/Birgit Schäfers